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Stellungnahme der BellandVision GmbH im Rahmen der Anhörung zum Entwurf des VerpackDG

Stellungnahme der BellandVision GmbH im Rahmen der Anhörung zum Entwurf des VerpackDG

 

1. Sammelstrukturen öffentlicher Raum (§§ 29, 31 VerpackDG)

Im Entwurf des VerpackDG (§§ 29, 31 VerpackDG) ist vorgesehen, die Pflichten der Systeme zur getrennten Sammlung auf den „öffentlichen Raum“ und damit weit über den bisherigen Zuständigkeitsbereich gem. § 14 Abs. 1 VerpackDG auszuweiten. Entgegen den Ausführungen in der Begründung des Entwurfes des VerpackDG ist diese Ausweitung der Systemzuständigkeit jedoch nicht durch Art. 48 Abs. 5 b) der PPWR vorgegeben.

Art. 48 Absatz 5 b) PPWR sieht zwar „die Sammlung in öffentlichen Räumen, Geschäftsräumen und Wohngebieten“ vor. Die Zuständigkeit hierfür obliegt jedoch nach Art. 48 Absatz PPWR nicht unbedingt den Systemen. Vielmehr kommen als Adressat auch „Infrastrukturen“ in Betracht mittels derer die Mitgliedstaaten die Vorgaben umsetzten können. Vorliegend existiert für die Sammlung von Abfällen in öffentlichen Räumen auf Grundlage der Einwegkunststofffonds-Richtlinie (EU) 2019/904 und das entsprechende nationale Umsetzungsgesetz (Einwegkunstofffondsgesetz) bereits eine solche Infrastruktur im Sinne des Art. 48 Abs. 1 PPWR. Die PPWR erkennt in Erwägungsgrund 180 auch ausdrücklich an, dass die Richtlinie (EU) 2019/904 lex specialis ist und im Rahmen ihres Geltungsbereichs Vorrang gegenüber der PPWR haben sollte.

Eine zusätzliche Sammelverpflichtung im öffentlichen Raum durch die dualen Systeme würde erhebliche Zusatzkosten und eine Doppelbelastung für die Hersteller verursachen. Da Hersteller bereits über den Einwegkunststofffonds die Reinigung und Entsorgung solcher Verpackungen finanzieren, die typischerweise im öffentlichen Raum als Abfall anfallen, existiert bereits eine Infrastruktureinrichtung im Sinne des Art. 48 Absatz 1 PPWR, so dass in §§ 29 und 31 VerpackDG der öffentliche Raum zu streichen ist. 
Begrüßenswert wäre es stattdessen, die Getrenntsammlungspflicht in § 29 VerpackDG für die Verbraucher zu schärfen und gegebenenfalls zu sanktionieren, so dass der Anfall von Verpackungen im öffentlichen Raum vermieden oder zumindest reduziert werden könnte.

Zumindest aber muss – wenn eine Streichung nicht in Betracht käme – der Begriff „öffentlicher Raum“, welcher weder in der PPWR, noch im Entwurf des VerpackDG definiert ist, hinreichend konkretisiert werden, um eine ausufernde Sammelverantwortung auszuschließen und dem Bestimmtheitserfordernis zu genügen. Insoweit käme beispielsweise in Betracht, wie bereits in § 31 Absatz 1 des Entwurfs des VerpackDG angelegt, die Sammlung ausschließlich „in der Nähe der von den Systemen genutzten Sammelgroßbehältnisse“ vorzugeben.   

 

2. Rahmenvorgabemöglichkeit öffentlicher Raum (§ 22 Absatz 2 VerpackDG)

Die in § 22 Absatz 2 des Entwurfes des VerpackDG vorgesehene Ausweitung der Rahmenvorgabemöglichkeit bzgl. der Ausgestaltung des Sammelsystems in öffentlichen Räumen findet keine Grundlage in der PPWR. Das Instrument einer Rahmenvorgabe kennt die PPWR generell nicht. Sollte trotz bestehender anderweitiger Infrastruktur (Einwegkunststofffonds) an der im Entwurf vorgesehenen Ausweitung der Sammelverantwortung auf den öffentlichen Raum festgehalten werden, dann muss die Entscheidung über die Ausgestaltung des Sammelsystems auch entsprechend der Kostenverantwortung uneingeschränkt dem Kooperationsprinzip entsprechend im Wege der Abstimmung getroffen werden. Eine Rahmenvorgabemöglichkeit ohne Kostenverantwortung würde erhebliche Zusatzkosten verursachen, welche Hersteller und letztlich Verbraucher zu tragen hätten.

 

3. Übergangsregelung betreffend Änderungen in der Herstellerdefinition

Die Übergangsregelung in § 57 Absatz 1 des Entwurfes des VerpackDG sieht lediglich vor, dass der Systembeteiligungsvertrag eines systembeteiligungspflichtigen Herstellers im Sinne des VerpackG, der auch Hersteller im Sinne der PPWR ist, nach dem 12.08.2026 fortbesteht (bis 31.12.2026), so dass ein solcher Hersteller unterjährig keinen neuen Systembeteiligungsvertrag abschließen muss. Damit entfällt durch die Übergangsregelung lediglich eine formale Verpflichtung. Regelungen oder Mechanismen für Hersteller, die ab dem 12.08.2026 kein Hersteller im Sinne der PPWR mehr sind oder erst Hersteller im Sinne der neuen Definition werden, enthält die Regelung aber nicht, insbesondere keine effektiven und zeitnah durchsetzbare Maßnahmen gegenüber Herstellern, die Verpflichtungen nicht oder nicht mehr erfüllen. Die Stabilität des Systems wird hierdurch nicht gesichert.

Um diesen Risiken zu begegnen, sollte gesetzlich über den 12.08. hinaus die Wahrnehmung der Systembeteiligungspflicht übergangsweise, zumindest aber für das komplette Jahr 2026, den bisher verpflichteten Herstellern als Wahrnehmungsverpflichtung auferlegt werden (hierzu auch das Kurzgutachten der Kanzlei LEITFELD im Auftrag des BDE „Kurzgutachten zu Gestaltungsoptionen für nationale Durchführungsregelungen zu verpackungsrechtlichen Systembeteiligungspflichten vor Inkrafttreten der Registerpflichten nach Art. 44 PPWR“ vom 11.11.2025)

 

4. Wichtige Übergangsregelungen fehlen oder sind unzureichend:

-    Abstimmungsvereinbarungen und Erfassungsverträge wurden und werden nach derzeit geltendem VerpackG bereits mit Wirkung für den Zeitraum nach dem 11.08.2026 abgeschlossen, Erfassungsverträge in Abstimmung mit dem Bundeskartellamt über eine Laufzeit von 3 Jahren. Erfassungsverträge und Abstimmungsvereinbarungen sind entsprechend derzeit geltendem VerpackG ausgerichtet auf die haushaltsnahe Erfassung beim privaten Endverbraucher. Da die Bezugsgruppe der privaten Endverbraucher durch den Verbraucher im Sinne von Art. 3 Absatz 1 Nummer 22 PPWR abgelöst wird, würde sich damit auch der Anknüpfungspunkt für die Sammel- und Verwertungsverpflichtungen der Systeme ändern, insbesondere durch eine etwaige Ausweitung auf den öffentlichen Raum. Damit stünden bestehende Abstimmungsvereinbarungen und Erfassungsverträge gegebenenfalls nicht mehr im Einklang mit der dann geltenden Rechtslage.

Wie beim Inkrafttreten des VerpackG bedarf es somit einer Übergangsregelung vergleichbar dem § 38 Absatz 3 VerpackG.

-    Die Regelung in § 57 Absatz 9 des Entwurfes des VerpackDG stellt zusätzliche Anforderungen an bereits bestehende, bereits genehmigte Systeme, deren Erfüllung nicht oder zumindest nicht allein vom Willen des jeweiligen Systems abhängig ist. So ist die Erfüllung der Voraussetzung nach § 57 Absatz 9 Ziffer 1 VerpackDG z.B. auch davon abhängig, ob der jeweilige Dritte oder die Behörde zum Abschluss einer Vereinbarung bereit ist (dass die z.B. in Bezug auf Abstimmungs- oder Nebenentgeltvereinbarungen nicht immer der Fall ist, zeigen diverse Klageverfahren).  § 57 Absatz 9 Ziffer 2 VerpackDG setzt das Vorhandensein entsprechender Kapazitäten am Markt voraus und § 57 Absatz 9 Ziffer 4 VerpackDG hängt vom Tätigwerden der Behörde ab, welche die Sicherheitsleistung festsetzt.  Angesichts des Zeitpunkts des voraussichtlichen Inkrafttretens des VerpackDG ist ein Nachweis der Anforderungen des § 57 Absatz 9 des Entwurfes des VerpackDG bis zum 01.01.2027 kaum bzw. nicht möglich.

Demgemäß sollte die Übergangsregelung in § 57 Absatz 9 des Entwurfs dahingehend geändert werden, dass keine über § 38 Absatz 6 VerpackG hinausgehenden Anforderungen gestellt werden.  

 

5. Sicherheitsleistung § 15 Absatz 4 VerpackDG)

Der Entwurf hält an der bestehenden Regelung des VerpackG fest. Insoweit hätten die dualen Systeme weiterhin gegenüber der zuständigen Landesbehörde, d.h. den jeweiligen Umweltbehörden der Bundesländer, eine Sicherheitsleistung zu erbringen. Die Sicherheitsleistung soll laut Entwurf lediglich dazu dienen, diejenigen zusätzlichen Kosten oder finanziellen Verluste abzudecken, die den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern oder den zuständigen Behörden im Falle des Ausfalls eines Systems entstehen.

Daraus folgt, dass die Sicherheitsleistungen nicht herangezogen werden können, um offenen Forderungen von Erfassungsdienstleistern zu erfüllen, es sei denn, es handelt sich um einen örE-Eigenbetrieb.

Insoweit sollte die Regelung dahingehend angepasst werden, dass dem vom jeweiligen System beauftragten Erfassungsdienstleister eine Zugriffsmöglichkeit auf die vom System hinterlegte Sicherheitsleistung eingeräumt wird. Die dualen Systeme hatten hierzu Anfang 2025 bereits einen Vorschlag erarbeitet und über die Gemeinsame Stelle an das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz übermittelt.  

 

6. Organisation für Reduzierungs- und Vermeidungsmaßnahmen

Von der Gründung einer „Organisation für Reduzierungs- und Präventionsmaßnahmen“ wie in §§ 24 ff VerpackDG vorgesehen, muss Abstand genommen werden und stattdessen die Regelung in § 21 Entwurf VerpackDG durch ein Modell fortentwickelt werden (hierzu hatten z.B. die dualen Systeme bereits im Jahr 2024 einen Umsetzungsvorschlag erarbeitet), welches den Rezyklateinsatz und die Sekundärrohstoffmärkte effektiv fördert.

Das in Kapitel 4 des Entwurfs des VerpackDG vorgesehene Modell hingegen geht über die Vorgaben der PPWR hinaus und belastet die Wirtschaft mit zusätzlicher Bürokratie und Kosten. Artikel 51 Absatz 3 PPWR verpflichtet die Mitgliedstaaten zwar dazu, sicherzustellen, dass Systeme der erweiterten Herstellerverantwortung sowie Pfand- und Rücknahmesysteme einen Mindestanteil ihres bestehenden Budgets für Reduzierungs- und Präventionsmaßnahmen einsetzen. Zusätzliche Gebühren und die Schaffung einer weiteren Organisation und entsprechendem bürokratischem Aufwand lassen sich hierdurch jedoch nicht rechtfertigen. Zumal die Regelungen im Entwurf des VerpackDG bei der Kostenzuordnung weder die Recyclingfähigkeit noch Rezyklateinsatz und weder die Materialfraktion oder gar die konkrete Verpackung berücksichtigen.

Anstelle der Regelungen in Kapitel 4 des Entwurfs sollten bereits bestehende Strukturen berücksichtigt und gezielt weiterentwickelt werden, um die in der PPWR vorgesehenen nationalen Reduzierungs- und Präventionsmaßnahmen voranzutreiben. In die Entwicklung des Modells bzw. Weiterentwicklung bereits existierender Vorschläge sollte die Wirtschaft unbedingt eingebunden werden.

 

7. Quotenvorgaben (§ 33 Absatz 2 VerpackDG)

Die in § 33 Absatz 2 des Entwurfes des VerpackDG vorgesehene Erhöhung der Recyclingquoten im Vergleich zu § 16 VerpackG übersteigen die sich aus Artikel 52 PPWR ergebenden Anforderungen deutlich und sind nicht nur herausfordernd, sondern deren Erfüllung zumindest für die Materialfraktion Glas faktisch unmöglich. In der Materialfraktion Glas lassen sich die Quoten trotz mehr als ausreichend bereitgestellter Sammelbehältervolumina schon jetzt rechnerisch nicht erfüllen. Aber auch in den übrigen Materialfraktionen wären die sich aus dem Entwurf des VerpackDG ergebenden Anforderungen nur schwerlich zu erfüllen. Dies gilt insbesondere dann, wenn durch eine etwaige Ausweitung der Sammlung im öffentlichen Raum mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass sich die Qualität der erfassten Materialströme erheblich verschlechtern wird. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die erhöhte Recycling-Zuführungsquote in § 33 Abs. 4. Bereits die aktuell geltende Quote wäre angesichts abnehmender Qualitäten der gesammelten Abfälle kaum zu erreichen.

Die Erhöhung bzw. Beibehaltung der hohen Recyclingquoten steht ferner auch im eklatanten Widerspruch zu der Verpflichtung der Industrie, Rezyklate einzusetzen und ihre Verpackungen recyclingfähig zu gestalten. Die Industrie ist erst ab 2030 dazu verpflichtet, Rezyklate einzusetzen, sodass die Systeme bis zu diesem Zeitpunkt Rezyklate herstellen, für die noch kein Markt für die Abnahme besteht. Gleiches gilt für die Recyclingfähigkeit der Verpackungen, die erst ab 2030 gemäß PPWR greift. Dies zeigt, dass die derzeitigen Regelungen nicht die gesamte Wertschöpfungskette der Recyclingwirtschaft (d.h. von der Beteiligung über die Sammlung bis zur Verwertung) in den Blick nehmen, wie dies eigentlich geboten wäre.

Von daher sollte nicht über die in Artikel 52 PPWR enthaltenen Vorgaben hinausgegangen werden, soweit nicht bereits in § 16 VerpackG höhere Quoten festgelegt sind.     

 

8. Delegationsmöglichkeit Serviceverpackungen (§ 7 Absatz 2 VerpackDG)

Die Delegationsmöglichkeit bei Serviceverpackungen sollte nicht wie in § 7 Absatz 2 VerpackDG vorgesehen, auf Fälle des Artikel 21 PPWR beschränkt werden, sondern grundsätzlich im Bereich der Serviceverpackung bestehen bleiben.

 

9. Aufgaben Zentrale Stelle

Entgegen § 44 Absatz 1 Nr. 14 des Entwurfes des VerpackDG sollte die Abgrenzung des Aufgabenbereichs der Zentralen Stelle gegenüber den Landesbehörden beibehalten bleiben und die Zuständigkeit für Zulassung und Widerruf der Zulassung der Systeme unverändert bei den zuständigen Landessbehörden verbleiben.

Der Verweis auf § 18 Absatz 2 ist daher in § 44 Absatz 1 Nr. 14 VerpackDG zu streichen.  

 

10. Fazit

Unnötige Bürokratiekosten und übermäßige Belastungen für die Recyclingwirtschaft sind zu vermeiden. Die an vielen Stellen des VerpackDG zu beobachtende überschießende Regelungssetzung steht im Widerspruch zu der in den Erläuterungen zum VerpackDG aufgeführten Intention, lediglich die PPWR umzusetzen (vgl. S. 2 VerpackDG). Diese überschießenden Regelungen belasten die Systeme, die Wirtschaft und letztlich die Verbraucher über Gebühr und begründen eine Gefahr für das Gesamtsystem der getrennten
Erfassung von Verpackungsabfällen und die Aufrechterhaltung eines effizienten und umweltschonenden Recyclingsystems. Der deutsche Gesetzgeber sollte sich darauf beschränken, die zwingenden Vorgaben der PPWR umzusetzen und nationale Gestaltungsspielräume angemessen auszunutzen.

 

Über BellandVision

Die BellandVision GmbH, mit Sitz in Pegnitz (Bayern), ist das größte duale System in Deutschland und Dienstleister für bundesweite Entsorgungslösungen sowie Beratung für die Recyclingfähigkeit von Verpackungen. Das Unternehmen ist eine 100%ige Tochter der börsennotierten Veolia-Gruppe und verfügt damit über die globale Expertise eines Weltmarktführers im Ressourcenmanagement. Veolia, mit über 218.000 Mitarbeitern auf fünf Kontinenten, setzt Maßstäbe in den Bereichen Wasser-, Abfall- und Energiemanagement und treibt nachhaltige Lösungen für Kommunen und Wirtschaft voran.

 

 

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